Fahrt nach Riga und Ankunft im Ghetto

»Abgeschoben in den Tod« – Tafel 6 – Deportation und Tod

Die Deportationszüge waren mehrere Tage unterwegs. Verpflegung und Toiletten reichten nicht aus; Trinkwasser und Waschmöglichkeiten gab es gar nicht. Im Winter froren vielen in den ungeheizten Waggons die Gliedmaßen ab, in den Sommermonaten verdursteten etliche.

„Wir hatten ja noch Glück, denn wir kamen im Zug noch auf einen richtigen Personenwagen, der bis zur Grenze auch beheizt wurde (...). Dann ab der Grenze, als wir das Reichsgebiet verließen, ging schon die Hölle los, dann wurde gleich die Heizung abgestellt, und die Fenster wurden verhängt.“
Gerd Landsberg, Jg. 1926, Erinnerungen, 2005

Der Deportationszug aus Hannover lief am 18. Dezember 1941 auf dem Rigaer Rangierbahnhof Škirotava ein. SS-Männer trieben die Verschleppten aus den Wagen; gehuntüchtige Personen fuhren sie unmittelbar zur Erschießung in einen Wald. Die anderen marschierten unter Bewachung lettischer SS-Männer einige Kilometer in das Ghetto.

Am Morgen des 4. Tages hieß es: „Alles raus aus dem Zug, zu Vieren aufstellen. Wer nicht gehen kann, soll fahren. Das Handgepäck könnt Ihr im Wagen lassen, das wird mit Lastwagen abgeholt.“ Ich sage: „Mama, fahr nicht, nimm das bisschen Kram, was Du noch hast und reiss Dich zusammen. Sieh, man schießt, die Menschen im Auto sehen wir nicht mehr wieder.“
Henny Markiewicz-Simon, geb. Rosenbaum, Jg. 1925

Wie alle Transportgruppen bekamen auch die hannoverschen Juden einen eigenen Häuserblock zugewiesen, in dem sich seine Mitglieder einrichten mussten. Mehrere Familien, Paare und Alleinstehende teilten sich ein Zimmer.

Wir haben unseren Augen nicht mehr getraut. Sind wir nun eigentlich Menschen oder Tiere! Ein kleines Zimmer, alles Hals über Kopf durcheinander geschmissen. Wasserrohrbruch, alles voll Wasser! Finster. Saures Essen auf dem Tisch. Dreck, einfach nicht zu beschreiben. Wir wissen uns keinen Rat, was tun, hausen müssen wir in den Zimmern. Draußen auf dem Schnee sehen wir Blutspuren. Unsere erste Frage: „Wer hat hier gelebt?“ (...) Langsam fingen wir an Ordnung zu machen. (...) Geschirr abgewaschen, Lumpen rausgeschmissen, Wasserhahn notdürftig zugestopft. Da wir dann bemerkten, daß wir von unseren Sachen nichts mehr zu sehen bekamen, behielten wir aus den Zimmern die Lebensmittel und die Kleidung.
Aus dem Tagebuch von Lore Oppenheimer, geb. Pels, Jg. 1926

Bildnachweis

Stadtarchiv Bielefeld

Details

выставка: Abgeschoben in den Tod
время работы: 15. Dezember 2011 bis 27. Januar 2012
место: Bürgersaal im Neuen Rathaus Hannover
панель: 6 von 39 – Deportation und Tod
размер: 650 x 2050 mm
технология: Digitalprint auf Alu-Dibond