Jüdische Gemeinde Hannover
»Neue Epoche für Juden in Deutschland«
11.12.2016 – 07.01.2017
Anfang Dezember forderte die Gestapo die für die erste Deportation aus Hannover ausgewählten Juden auf, sich reisefertig zu machen. Als Gepäck waren pro Person ein Koffer, ein Rucksack und Verpflegung erlaubt. Kurz darauf wurden sie unter Hausarrest gestellt. Ab dem 10. Dezember holte die Gestapo die Betroffenen mit Lkw ab und brachte sie nach Ahlem. Wegen schlechter Vorbereitung mussten viele stundenlang bei eisigem Regen im Freien ausharren.
Wie Schwerverbrecher werden wir zur Gartenbauschule Ahlem gebracht (...). Dort wurden wir in eine Turnhalle geführt, wo jeder eine Nummer erhält. Danach wurden Koffer und Rucksäcke kontrolliert und als Großgepäck abgegeben. Dann standen wir dort bis in die Nacht hinein und warteten mit unserem Kleingepäck wie Handtaschen und Decken, bis wir weiter kontrolliert wurden. Als wir (...) an die Reihe kamen, nahm man uns als erstes sämtlichen Schmuck, auch eine lumpige, billige Holzbrosche. Dann (...) Dinge wie Stricknadeln, Messer (Bestecke), Wurst, Butter, teils sogar Brot (...). Nachdem wir mit halb leeren Taschen zurückgezogen sind, kam die sogenannte Leibeskontrolle.
Aus dem Tagebuch der damals 15-jährigen Lore Pils (Oppenheimer)
Sie stellten (...) uns der Reihe nach auf und befahlen, (...) uns nackt auszuziehen. Einer nach dem anderen wurden wir gründlich durchsucht, im Mund, im Intimbereich (…).
(Klaus Becher, 1926-2008)
Die konfiszierten Gegenstände füllten viele Körbe. Abschließend wurden einige Kleingruppen in Sälen untergebracht und notdürftig verpflegt. Andere blieben sich selbst überlassen.
Dann wurde uns gesagt, wir sollten (...) in ein abgestecktes Gebiet gehen. Da hielten sie uns bis zum 15. Dezember fest – vier ganze Tage – (…) ohne Essen und ohne Toiletten!
(Klaus Becher)
Nachdem zogen wir wie die ärmsten Bettler zu unserem angewiesenen Lager. Ein Saal mit ca. 60 Matratzen nebeneinander ohne Gang, Männer und Frauen. (…) Als Verpflegung gab es Suppe.
Lore Pils (Oppenheimer)
1: Marlis Buchholz, zitiert nach: Buchholz, Marlis: Die hannoverschen Judenhäuser. Zur Situation der Juden in der Zeit der Ghettoisierung und Verfolgung, Hildesheim 1987.
2: Stadtarchiv Hildesheim
Ausstellung: | Abgeschoben in den Tod |
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Laufzeit: | 15. Dezember 2011 bis 27. Januar 2012 |
Ort: | Bürgersaal im Neuen Rathaus Hannover |
Tafel: | 4 von 39 – Deportation und Tod |
Größe: | 650 x 2050 mm |
Technik: | Digitalprint auf Alu-Dibond |